Gottfried Keller

Kleider machen Leute

Ihnen folgten fünfzehn bis sechzehn Gefährte mit je einem Herrn und einer Dame, alle geputzt und lebensfroh, aber keines der Paare so schön und stattlich wie das Brautpaar. Die Schlitten trugen wie die Meerschiffe ihre Galions, immer das Sinnbild des Hauses, dem jeder angehörte, so daß das Volk rief: »Seht, da kommt die ›Tapferkeit‹! Wie schön ist die ›Tüchtigkeit‹! Die ›Verbesserlichkeit‹ scheint neu lackiert zu sein und die ›Sparsamkeit‹ frisch vergoldet! Ah, der ›Jakobsbrunnen‹ und der ›Teich Bethesda‹!« Im ›Teiche Bethesda‹, welcher als bescheidener Einspänner den Zug schloß, kutschierte Melchior Böhni still und vergnügt. Als Galion seines Fahrzeugs hatte er das Bild jenes jüdischen Männchens vor sich, welches an besagtem Teich dreißig Jahre auf sein Heil gewartet. So segelte denn das Geschwader im Sonnenscheine dahin und erschien bald auf der weithin schimmernden Höhe, dem Ziele sich nahend. Da ertönte gleichzeitig von der entgegengesetzten Seite lustige Musik.