Gottfried Keller

Kleider machen Leute

»Gelobt sei Jesus Christ!« sagte die Köchin. »Ich hab’s ja behauptet, daß er’s versteht!«

So nahm die Mahlzeit denn ihren Verlauf, und zwar sehr langsam, weil der arme Schneider immer zimperlich und unentschlossen aß und trank und der Wirt, um ihm Zeit zu lassen, die Speisen genugsam stehenließ. Trotzdem war es nicht der Rede wert, was der Gast bis jetzt zu sich genommen; vielmehr begann der Hunger, der immerfort so gefährlich gereizt wurde, nun den Schrecken zu überwinden, und als die Pastete von Rebhühnern erschien, schlug die Stimmung des Schneiders gleichzeitig um, und ein fester Gedanke begann sich in ihm zu bilden. »Es ist jetzt einmal, wie es ist!« sagte er sich, von einem neuen Tröpflein Weines erwärmt und aufgestachelt. »Nun wäre ich ein Tor, wenn ich die kommende Schande und Verfolgung ertragen wollte, ohne mich dafür sattgegessen zu haben! Also vorgesehen, weil es noch Zeit ist! Das Türmchen, das sie da aufgestellt haben, dürfte leichthin die letzte Speise sein; daran will ich mich halten, komme, was da wolle! Was ich einmal im Leibe habe, kann mir kein König wieder rauben!«