Gottfried Keller

Die Zeit geht nicht

Die Zeit geht nicht, sie stehet still,

Wir ziehen durch sie hin;

Sie ist ein Karavanserai,

Wir sind die Pilger drin.

Ein Etwas, form- und farbenlos,

Das nur Gestalt gewinnt,

Wo ihr drin auf und nieder taucht,

Bis wieder ihr zerrinnt.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau

Im Strahl des Sonnenlichts;

Ein Tag kann eine Perle sein

Und ein Jahrhundert nichts.

Es ist ein weißes Pergament

Die Zeit und Jeder schreibt

Mit seinem roten Blut darauf